Seite erstellt am 18.08.1998
 Seite aktualisiert am 27.03.2017

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Geschichte der Prävention in der GKV

Gliederung

Wachsende Aufmerksamkeit für Gesundheitsförderung seit den 80er Jahren

Gesundheitsförderung und Prävention als GKV-Leistungen von 1989 - 1996

Prävention als GKV-Leistungen seit dem Jahr 2000


Wachsende Aufmerksamkeit für Gesundheitsförderung seit den 80er Jahren

Seit den 80er Jahren haben sich in der internationalen und nationalen Gesundheitspolitik die Tätigkeitsfelder Gesundheitsförderung und Prävention etabliert. Sie wurden vor allem von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) durch die Zielstrategie „Gesundheit für alle" (seit 1984) und die Ottawa-Charta (1986) hervorgehoben.

Auch im Gesundheitswesen der Bundesrepublik Deutschland entstanden zu Ende der 70er und in den 80er Jahren viele Initiativen und Aktivitäten zur Gesundheitsförderung und Prävention. Die AOK begann z.B. sich "Gesundheitskasse" zu nennen.

Beispielsweise führte die AOK des Kreises Mettmann ein kreisweites Projekt zur Gesundheitsförderung durch, das von der Bundesregierung als Modellprojekt unterstützt wurde. Dieses Projekt wurde vor allem von Psychologen der AOK Mettmann in Zusammenarbeit mit dem von Psychologen geführten Institut für Therapieforschung (IFT) in München. Für Kurse zur Gesundheitsförderung bei der AOK wurden Konzeptionen entwickelt, Kursleiterschulungen durchgeführt und Evaluationen vorgenommen. Diese Entwicklung trug zur gesetzlichen Einfügung von  Prävention und Gesundheitsförderung 1989 in den Leistungskatalog der Krankenkassen bei.

Gesundheitsförderung und Prävention als GKV-Leistungen von 1989 - 1996

1989 wurden für die gesetzliche Krankenversicherung durch den § 20 SGB V „Leistungen zur Förderung der Gesundheit und zur Verhütung von Krankheiten" gesetzlich umschrieben. Dadurch wurden die Krankenkassen im Gesundheitswesen der Hauptansprechpartner zur Durchführung von Maßnahmen zur Gesundheitsförderung. Die Spitzenverbände und Hauptverwaltungen der Krankenkassen richteten Abteilungen für Gesundheitsförderung eingerichtet, um bundesweit ihre Aktivitäten zur Gesundheitsförderung zu koordinieren und weiterzuentwickeln. Sie richteten etwa seit 1992 in vielen regionalen Geschäftsstellen Abteilungen für Gesundheitsförderung zur Organisation von Programmen mit vielfältigen Maßnahmen zur Gesundheitsförderung ein.

Ab 1989 gab es bei vielen gesetzlichen Krankenkassen einen starken Aufschwung von Leistungen zur Gesundheitsförderung und Prävention. Krankenkassen führten  Gesundheitsberatungen und -trainings zur Förderung des Gesundheitsverhaltens auf vielfältigen Ebenen durch, z.B. Ernährung, Bewegung, Entspannung, Körpererfahrung, Stressbewältigung, Nichtrauchertraining, Hilfen in der Familie.  PsychologInnen wurden auch vielfach als KursleiterInnen engagiert. Mehrere Krankenkassen hatten mit dem BDP bzw. seinen Untergliederungen vereinbart, zur Durchführung von Entspannungs- und Stressbewältigungstrainings nur PsychologInnen mit entsprechenden Fortbildungsbescheinigungen einzusetzen. 

Die Krankenkassen gaben ihren Versicherten auch Kostenerstattungen, wenn sie an Gesundheitskursen anderer Träger teilnahmen. Zu solchen Kursen kamen vor allem Menschen aus mittleren und oberen Bevölkerungsschichten mit mehr Eigeninitiative für ihre Gesundheit, jedoch weniger Menschen aus unteren Schichten, bei denen die Gesundheit mehr gefährdet ist, was auch in einer Studie im Auftrag der Krankenkassen deutlich wurde. Die Krankenkassen nutzten ihre angebotene Vielfalt von Gesundheitskursen auch zum Marketing für ihre Mitglieder bzw. zur Mitgliederwerbung und -bindung.

Die Krankenkassen wurden auch in Settingprojekten im Sinne der WHO aktiv. Besondere Aktivitäten zeigten sie für die betriebliche Gesundheitsförderung, u.a. in Zusammenarbeit mit den Trägern der Unfallversicherung auf der Grundlage einer gemeinsam verabschiedeten Empfehlungsvereinbarung. Sie boten Betrieben ihre Unterstützung für Maßnahmen zur Gesundheitsförderung an. 

Die Settingprojekte der WHO zur Gestaltung gesundheitsförderlicher Lebenswelten „Gesunde Städte“, „Gesundheitsförderung in Schulen“ und „Gesundheitsförderung in Krankenhäusern“ wurden in Deutschland durchgeführt und von den Krankenkassen unterstützt.

Nach der Etablierung von Gesundheitsförderungsmaßnahmen begannen die Krankenkassen mit Vereinbarungen zur Qualitätssicherung solcher Leistungen. Der VdAK als Spitzenverband in der GKV veröffentlichte 1994 Empfehlungen zu Qualitätskriterien für Gesundheitsförderungsmaßnahmen.

1996 veranlasste das Bundesgesundheitsministerium zum Jahresende leider relativ plötzlich einen gesetzlichen Stop für Krankenkassenleistungen zur Prävention und Gesundheitsförderung zwecks Sparmaßnahmen im Gesundheitswesen - gegen den Protest vieler Gesundheitsorganisationen und Krankenkassen. Auch der BDP übermittelte eine Protest-Resolution. Viele Krankenkassen mussten ihre aufgebauten Infrastrukturen wieder abbauen.

Prävention als GKV-Leistungen seit dem Jahr 2000

Nach dem politischen Regierungswechsel 1998 wurden zum Beginn des Jahres 2000 wieder  gesetzliche Leistungen der Krankenkassen zur Prävention über das GKV-Reformgesetz erlaubt, allerdings in einem deutlich begrenztem finanziellen Ausmaß und unter der Bedingung, dass die Spitzenverbände der Krankenkassen gemeinsam prioritäre Handlungsfelder und Kriterien für Leistungen (insbesondere zur Qualitätssicherung) vereinbarten.

Die Reaktivierung von Präventionsmaßnahmen vollzieht sich seit dem Jahr 2000 eher langsam. Der schon begrenzte finanzielle Spielraum wird von den Krankenkassen nicht ausgenutzt. Die auf Landesebene organisierten AOK's haben aber wieder Abteilungen für Gesundheitsförderung eingerichtet, in denen auch einige PsychologInnen (auch Fachbereichsmitglieder) maßgebliche Arbeit leisten. Die Spitzenverbände der Krankenkassen haben 2004 einen Dokumentationsbericht über Leistungen der Primärprävention und Betrieblichen Gesundheitsförderung erstellt.